Stimmungsmache durch strategische Kommunikation in der Politik

Was steckt dahinter, wenn ein Politiker wie Friedrich Merz den Begriff „Sozialtourismus“ benutzt?

Bei einem Politiker wie Friedrich Merz (CDU) kann man davon ausgehen, dass er allein aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Politgeschäft ein Profi ist. Ebenso kann man davon ausgehen, dass er weiß, was er sagt, wenn er bestimmte Begriffe verwendet, auch wenn er sich dafür später entschuldigen mag. Es geht hier konkret um den Begriff des „Sozialtourismus“, den Merz kürzlich in einem Interview benutzte.

„Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: Nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine.“

Friedrich Merz in einem Interview mit BILD TV

Dieser Begriff ist nicht anderes als politisches Framing. Es geht einmal wieder die Angst vor dem Immigranten um, der sich heimlich in unser soziales Netz einschleicht und – ohne selbst je etwas zum Allgemeinwohl beigetragen zu haben – zum vermeintlichen Nutznießer unserer Sozialleistungen wird.

Und hier wird die ganze Sache eklig. Eklig ist die Debatte, die um das Thema geführt wird. Es hört sich so an, als kämen Migrant*innen zum Vergnügen, als Touris eben. Nur mit dem Unterschied, dass sie für ihr Vergnügen nichts bezahlen wollten. Darüber hinaus impliziert das Wort Tourismus, dass sie keinerlei Bindung zum Zielland aufbauen wollten, also an Integration ist wohl gar nicht erst zu denken. Und wie man insbesondere in den sozialen Netzwerken sieht, springen genügend Menschen auf das Thema an, wenn man es nur ein wenig populistisch formuliert. Dabei verschleiert das Wort, dass Menschen aus purer Not ihre Heimat verlassen und auch das Recht dazu haben.

Gut, dass Sozialtourismus ein Unwort ist. Auch wenn man meint, dass es doch nur ein Wort sei. Eben nicht. Worte oder generell Sprache sind machtvolle Instrumente und haben einen großen Einfluss auf unser Denken und unsere Wahrnehmung. Metaphern wie eben der Sozialtourismus wirken dabei im Verborgenen und rufen eine ganze Reihe an Assoziationen bei uns hervor.

Foto: Azchael / flickr.com

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